© TVB Wilder Kaiser
Waldbaden mit Sabrina

Alles zu viel? Dann ab in den Wald…

von Theresa Aigner Erstellt am 20. November 2020

für Naturfreund*innen

Du denkst bei „Waldbaden" an Bäume umarmen und Esoterik? Falsch gedacht! Wie du den Wald in Zeiten, in denen schon mal alles zu viel werden kann, zu deinem persönlichen Wellness-Bereich machst.

Wie an den folgenden Zeilen unschwer zu erkennen ist: Dieser Beitrag ist im Jahr 2020 (Stichwort: Corona) entstanden. Die wohltuenden Wirkung des Waldbadens ist aber zu jeder Zeit unumstritten - also einfach mal ausprobieren.

Nun ist es also so weit, wir sind mittendrin, in Lockdown Nummer 2. Hätten wir uns vor einem Jahr nicht mal ansatzweise vorstellen können, dass es sowas überhaupt geben könnte, sind wir inzwischen schon richtige Lockdown-Profis. Aber Home-Office, Home-Schooling, Home-Sporteln und all das können mittlerweile schon ganz schön zehrend sein. Gepaart mit Nachrichten aus Europa und der Welt, wonach das Infektionsgeschehen beinahe überall extrem brenzlig ist, machen die Grundstimmung nicht unbedingt besser, der Optimismus gelangt da schon manchmal an seine Grenzen.

Nimmt man dann noch die „normalen“ Probleme der Welt dazu (Ein durchgeknallter US-Präsident, der zwar immerhin die Wahl verloren hat, das aber nicht einsehen will, ein Terror-Anschlag in der besten Stadt der Welt, die auch ich die vergangenen 15 Jahre mein Zuhause nennen durfte und - nicht zu vergessen - Ungleichheit, Armut und natürlich der Klimawandel, gegen die kein Impfstoff der Welt helfen wird) - dann kann es schon ganz schön düster werden im Kopf.

Als interessierter Mensch und ehemalige Journalistin konsumiere ich viele Nachrichten. Sehr viele. Manche sagen: Zu viele. Das sehe ich zwar nicht so, denn für mich ist es - gerade in Zeiten wie diesen - extrem wichtig gut informiert zu sein, unterschiedliche Quellen wahrzunehmen und zu wissen, was sich auf der Welt tut. Aber in einem Punkt haben jene, die meinen Nachrichten-Konsum als zentralen „Downer“ sehen, auf jeden Fall Recht: Man muss sich auch mal eine Pause davon gönnen. Und ein Ort, der hervorragend dafür geeignet ist, seinem Hirn und Herz eine Auszeit zu verschaffen, ist der Wald.

Im Wald mit der Expertin

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Glücklicherweise dürfen wir auch trotz Lockdown dorthin und glücklicherweise habe ich mir vergangene Woche noch Tipps von der Expertin geholt, wie man den Wald zu seiner persönlichen Wellness-Zone macht. Mit meiner Kollegin Sabrina Brandauer war ich in Söll spazieren und sie hat mich dabei in die Geheimnisse des Waldbadens eingeführt. Viele von euch denken beim Begriff „Waldbaden“ wahrscheinlich an Hippies und EsoterikerInnen (oder Matthias Strolz), die Bäume umarmen. Aber: Waldbaden ist, was du draus machst! Ich bin kein Hippie und mit Esoterik hab ich rein gar nichts am Hut - aber den Wald liebe ich trotzdem.

Der Geruch, das satte Grün, die unzähligen Farben im Herbst, die vorbeiflitzenden Tiere, die Sonnenstrahlen, die glitzernd durch das Geäst am Waldboden fallen, die Stille bzw. das Rauschen des Windes oder eines Baches - ich kann mir kaum eine bessere Glücks-Droge vorstellen, als eine ordentliche Dosis Wald.

Einmal kein Ziel haben

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"Gerade bei uns wird ‚Waldbaden‘ oft belächelt, weil die Leute sagen: ‚Das machen wir sowieso dauernd‘, weil es normal ist, im Wald spazieren zu gehen, wenn man in so einer Umgebung lebt", erzählt die ausbildete Waldbaderin Sabrina.

Aber: Es gäbe durchaus einen gewichtigen Unterschied: Beim Waldbaden gehe es nämlich darum, seine Umwelt ganz bewusst wahrzunehmen, nicht einfach nur dran vorbei zu gehen. „Wenn wir draußen unterwegs sind, haben wir meistens ein Ziel: Ein Gipfel, eine Hütte zur Einkehr, ein Aussichtspunkt - manchmal sollte man sich aber einfach wirklich nur auf den Weg konzentrieren“, unterstreicht Sabrina die oft zitierte, aber selten so richtige Weisheit „Der Weg ist das Ziel.“

Auch Sabrina geht nicht in den Wald um Bäume zu umarmen, das braucht sie nicht. „Es reicht schon, den Baum einmal ganz genau anzuschauen. Seine Wetterseite zu erkennen, die Struktur der Rinde anzugreifen, sich zu fragen, wie lange der da eigentlich schon steht.“ Und sie hat recht: Die Zeit für solche Betrachtungen nehme ich mir selten, auch wenn ich noch so oft durch den Wald laufe. Also fühlen Sabrina und ich den Baum: Wir greifen seine Rinde an, heben Eicheln und Bucheckern vom Boden auf, verbringen ganz bewusste Momente im heruntergefallenen Laub. Und: Es tut gut! Sehr gut sogar.

"Macht es wie die Kinder"

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Der einfachste Tipp zum Waldbaden für EinsteigerInnen von Sabrina: „Macht es einfach wie die Kinder. Kaum sind die im Wald, sammeln sie Stöcke, Eicheln und alles, was sie finden. Die nehmen sich ganz automatisch den Wald mit nach Hause.“ Auch wenn der 1.000ste Stock in der Wohnung bei so manchem Elternteil vielleicht nicht mehr unbedingt Freude weckt - „das ist Wellness für Zuhause, Kinder wissen das“, erklärt Sabrina den Umstand, dass sie so die wohltuenden Terpene mit nach nach Hause bringen. „Kinder entschleunigen, ohne es zu beabsichtigen.“

Kurzer Exkurs zu den Terpenen, den wohltuenden Stoffen des Waldes: Dabei handelt es sich um chemische Verbindungen, die Hauptbestandteil der in Pflanzen produzierten ätherischen Öle sind. Dabei gibt es mehr als 8.000 Terpene und mehr als 30.000 der nahe verwandten Terpenoide, die vielfach als Geruchs- oder Geschmacksstoffe in Parfüms oder kosmetischen Produkten eingesetzt werden. „Ein Erkältungsbad macht im Grunde auch nichts anderes, als uns in die Duftstoffe des Waldes zu hüllen“, erklärt Sabrina ein ganz alltägliches Anwendungsgebiet der Terpene.

Augen zu und Kraft tanken

Aber: Es sind nicht nur die Duftstoffe, die uns im Wald gut tun. Einerseits haben viele Pflanzen Heilkräfte, andererseits geht es um das bewusste Wahrnehmen mit allen Sinnen: „Beim Waldbaden geht es wie beim Yoga auch sehr viel um die Atmung, es ist eigentlich eine leichte Form von Meditation“, sagt Sabrina. Das probieren wir auch gleich einmal aus: Jede von uns sucht sich einen Baum, unter dem wir uns für 10 Minuten niederlassen und dabei nicht reden. Wir machen die Augen zu und achten nur auf das, was wir mit unseren anderen Sinnen wahrnehmen. Erstaunlich, wie laut ich plötzlich den Bach höre, wie lustig sich das Herbstblatt anfühlt, dem ich - kurz bevor es meine Nase berührt - schon dabei zugehört habe, wie es raschelnd vom Baum herunterfällt und immer näher kommt.

"Wenn ich die Menschen beim Waldbaden anleite, lasse ich sie oft einfach mal hinstellen, atmen und visualisieren, was gut war, was ich mir wünsche, was ich loswerden will. Wenn man das mal ganz bewusst für 15 Minuten macht, dann holt einen das extrem runter."
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Auch die nächste Übung, bei der Sabrina mich anleitet, überrascht mich. Es ist zwar schon November, das hindert uns aber nicht daran, Schuhe und Socken auszuziehen und den Boden mit verschlossenen Augen zu erspüren. Ich lege meine Hände auf Sabrinas Schultern und gehe ihr nach: Dabei gehen wir sowohl über wohlig, moosigen Untergrund - aber auch ein bisschen durch Matsch und die nasse Wiese. Ich vertraue und folge ihr - bin aber nicht schlecht überrascht, als ich die Augen wieder öffne und an einem komplett anderen Fleck stehe, als ich vermutet hatte.

Ich mag die Übung, denn ganz ehrlich: Wer von euch zieht sich bei einem Waldspaziergang im November mal schnell die Schuhe aus und geht mit geschlossenen Augen durch den Gatsch um den Boden mal ganz anders als sonst zu spüren? Genau - dafür muss man sich ganz bewusst entscheiden und Zeit nehmen.

Und genau das ist das wohltuende daran. „Waldbaden bedeutet eigentlich nichts anderes, als sich ganz bewusst seiner Sinne zu bedienen und das kann man zu jeder Zeit, in jedem Wald. Auch wenn man in der Stadt lebt und vielleicht nur vereinzelte Bäume zur Verfügung hat - einfach mal damit anfangen“, rät „Waldfee“ Sabrina.

Übrigens: In Japan, wo das Waldbaden ursprünglich herkommt, hat man die positive Wirkung längst erkannt und anerkannt - dort wird Waldbaden per Krankenschein verordnet. Bis es Urlaub im Wald am Wilden Kaiser auf Krankenkassenkosten gibt, könnte es zwar trotz Pandemie und Co. noch länger dauern - nach meinem Waldausflug mit Sabrina kann ich aber jedem und jeder nur raten, in den Wald zu gehen, wann immer ihr eine Pause von der Welt braucht.

Alle Infos zum Waldbaden mit Sabrina in der Region Wilder Kaiser findest du hier.

Theresa Aigner

Als gelernte Journalistin freut sich die ehemalige Presse-Verantwortliche der Region Wilder Kaiser immer, wenn sie einen Beitrag für unseren Blog gestalten darf. Egal ob Bergsport, Kulinarik, Politik oder Kultur – diese Frau hat zu jedem Thema tausend Fragen und stellt sie schon mal in einer Geschwindigkeit, dass ihren Gesprächspartner*innen hören und sehen vergeht. Nur gut, dass Theresa die vielen Gespräche mit interessanten Menschen aus der Region am liebsten schriftlich dokumentiert – und hier genug Platz zum Teilen hat.

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2 Kommentar(e)

Florian Farber

30.01.2023 - 15:43 Uhr

Gerne würde ich mich wieder erholen. Echt wichtig zu erfahren war, dass man vor allem in der Natur schöne Erfahrungen machen kann. Ich werde mich nach einem Wellnessurlaub umschauen, bei dem ich auch Wandern gehen kann.

Stefan Weber

31.01.2023 - 11:54 Uhr

Interessant, dass  es beim Waldbaden darum geht, seine Umwelt ganz bewusst wahrzunehmen und nicht einfach nur dran vorbeizugehen. Gute Idee.  Baumpflege ist sehr wichtig. Die Baumfällung sollte möglichst umgangen werden. 

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