Drei Etappen fĂŒhren zu den schönsten PlĂ€tzen im KaisergebirgeAdlerweg: Weitwandern am Wilden Kaiser
von Isabel Lindner Erstellt am 18. Mai 2017
fĂŒr Sommermenschen
fĂŒr Outdoor-Begeisterte
fĂŒr Naturfreund*innen
Weitwandern und Zug fahren gesellen sich gern: Die Anreise mit der Bahn ist staufrei und entspannt, wie das Wandern selbst. Am Ausgangspunkt muss kein Auto mehr geholt werden. Sabine und ich sind diesmal fĂŒr 6 Tage in Tirol am Adlerweg des Wilden Kaisers â beide erstaunt, wie schön Entschleunigung sein kann.
Stuttgart, 12:53 Uhr: âJetzt noch ein wenig ĂŒber den Adlerweg lesenâ, meint Sabine, als wir in den ICE nach MĂŒnchen einsteigen. âJaâ, huste ich. In Stuttgart ist wieder mal Feinstaubalarm. Der GroĂstadttrubel interessiert uns im Zug nicht mehr, der BĂŒroalltag noch weniger. Ehe wir die 3 Etappen unserer Weitwanderung am Wilden Kaiser besprochen haben, sind wir in MĂŒnchen und steigen in den EC nach Kufstein. Von dort geht's mit dem Bahnhof-Shuttle nach Going, ein kleines romantisches Dorf am FuĂe der Berge. âSo angenehm hĂ€tten wir das mit dem Auto nicht geschafftâ, gesteht Sabine. Sie wĂ€re zuerst lieber mit dem Auto gefahren. âDie Ăsterreichische Vignette haben wir auch gespartâ, sage ich un freue mich gleichzeitig schweigend darĂŒber, dem Genuss von Sabines Fahrstil entkommen zu sein.
Nach der kurzen Fahrt mit dem Shuttle nehmen wir unseren Rucksack und steigen am Bauernhof aus. Die Sonne scheint und ich genieĂe den ersten Atemzug der klaren Tiroler Bergluft. âSo beginnt ein schöner Urlaub!â, sage ich. Sabine lĂ€chelt. âWillkommen am Wilden Kaiserâ, begrĂŒĂt uns BĂ€uerin Maria in ihrer blauen SchĂŒrze, gefolgt von einer kleinen Katze.
Tag 1: Nach der entspannten Anreise mit der Bahn entspannen wir gleich weiter: Bevor wir loswandern, lernen wir Land und Leute kennen und genieĂen die ersten zwei Tage: In Ellmau, Going, Scheffau und Söll ist die GĂ€stekarte des Wilden Kaisers auch unsere kostenlose Fahrkarte fĂŒr den Wander- und BĂ€derbus Kaiserjet im 30-Minutentakt. Wir fahren nach Söll und schweben mit der Gondel hinauf auf die Hohe Salve; der Mund steht uns weit offen, als wir ein Brautpaar sehen. âSo ein schönes Kleidâ, sage ich und Sabine schmunzelt: âEr wĂŒrde mir auch gut gefallen.â Auf der Hohen Salve thront nĂ€mlich die höchstgelegenste Wallfahrtskirche Ăsterreichs, in der ĂŒber 20 Mal im Jahr geheiratet wird.
Im Berg-Restaurant gibtâs endlich Kaspressknödel, eine der bekanntesten Tiroler SpezialitĂ€ten, auch am Wilden Kaiser. Die Sonne wĂ€rmt uns, wir genieĂen das Panorama der 70 Dreitausender. âSchön ist es hierâ, flĂŒstere ich. So geht der 1. Tag unseres Urlaubs am Berg gemĂŒtlich zu Ende, bevor wir die letzte Gondel nach unten nehmen.
Tag 2: Wir fahren mit dem Kaiserjet nach Ellmau und kaufen fĂŒr unsere Wanderung am Adlerweg Sonnencreme, Blasenpflaster und Wanderstöcke. SpĂ€ter gehen wir im Ort in die Schnapsbrennerei, in der die edelsten FrĂŒchte ins Glas destilliert werden. âGipfelschnaps braucht es bei einer Weitwanderung schon einen, oder?â, frage ich die VerkĂ€uferin, die wohlwollend und wissend nickt. Auf der Terrasse eines urigen Gasthauses in Ellmau gehen wir gemĂŒtlich Abendessen: Sabine und ich können dem Kaiserschmarren nicht wiederstehen. âWer viel wandert, darf auch essenâ, grinst sie und haut mit leuchtenden Augen rein. Den Tag lassen wir bei romantischer Abendröte ĂŒber dem Kaisergebirge ausklingen, der Nachtbus fĂ€hrt uns zu unserem Hof, wir gehen zeitig schlafen.
Tag 3: Der frĂŒhe Vogel ist unsympathisch; nicht im Wanderurlaub: Nach einem kleinen FrĂŒhstĂŒck brechen wir zu den ersten der 3 Etappen des Adlerwegs auf. âInsgesamt hĂ€tte der Adlerweg in Tirol ja 33 Etappen, 31.000 Hm und 413 kmâ, mahnt Sabine. âNĂ€chste Malâ, lache ich. Wir gehen nicht direkt beim Start des Adlerwegs in St. Johann in Tirol los, sondern von unserem Bauernhof vorbei am Badesee und Richtung Kaiser. In knapp eineinhalb Stunden erreichen wir den Schleierwasserfall, bei dem wir kurz durchatmen und etwas trinken.
Weiter geht es durch einen Wald, vorbei an einer Höhle, hindurch zwischen Wasserfall und Felswand. âKalt!â, schreie ich. âFein kĂŒhl!â, sagt Sabine. Nach einer steilen Passage geht es ĂŒber freies GelĂ€nde und Wiesen hinunter zur GaudeamushĂŒtte. âMensch bin ich kaputt!â, schnauft Sabine. âAber schön war Ìsâ. 13 km, ca. 1.000 Hm und 5 Stunden wandern, die 1. Etappe am Adlerweg haben wir geschafft, wir kehren verschwitzt und zufrieden in der HĂŒtte ein.
âProst!â, hebe ich mein Glas. âDas haben wir uns verdient.â Der Zirbenschnaps kann etwas. Noch mehr können Speckteller und Kasspatzln. Am allermeisten kann die Aussicht auf den Wilden Kaiser. Meine Beine schmiere ich mit der Latschenkiefersalbe gerade noch ein, bevor meine Augen im Bett der HĂŒtte zufallen.
Tag 4: Highlight der 2. Etappe des Adlerweges ist eine enge Stelle zwischen zwei FelswĂ€nden nahe der GruttenhĂŒtte. Sabine ist besonders vorsichtig, die Metallgriffe geben uns sicheren Halt. Fantastisch ist die Aussicht auf den Kaiserkopf, welcher der Ăberlieferung nach das Profil von Karl des GroĂen sei. âDen Wilden Kaiser kann man ĂŒbrigens entlang der Kaiserkrone in 5 Tagen umwandernâ, ist Sabine wieder enthusiastisch. âNĂ€chstes Mal!â, entgegne ich erschöpft. Gut, dass der Hintersteiner See im Naturschutzgebiet Wilder Kaiser vor uns liegt, smaragdgrĂŒn und etwas frisch: âSaukalt!â, lache ich, als wir im Strandbad reinspringen â dafĂŒr wohltuend.
Tag 5: Die 3. Etappe des Adlerweges gehen wir gemĂŒtlich an, machen lange Halt auf der Walleralm und genieĂen ein paar Stunden die Mittagssonne mitten im Kaisergebirge. Ăber blĂŒhende Wiesen gehtâs zur KaindlhĂŒtte im alten Almendorf Steinbergalm auf ein Glas frische Buttermilch. Entlang der Forstwege und durch ein Almgebiet schlendern wir Richtung Kufstein. âIch fahre runterâ, ist meine Wanderkollegin kleinlaut. Vom Brentenjoch gehtâs nĂ€mlich knieschonend mit dem Einer-Sessellift in die Stadt. Ich als Bergfex gehe zu FuĂ zur Perle Tirols, wie Kufstein in einem Lied genannt wird. Die Aussicht auf die Festung Kufstein kann ich lĂ€nger genieĂen, dafĂŒr bereitet sich Sabine eher aufs dezente Nachtleben vor, das wir noch ausgiebig kennen lernen, bevor es am nĂ€chsten Tag ein wenig verschlafen im Zug wieder nach Hause geht. Schön war das Wandern am Wilden Kaiser, gut hat Ìs getan. Wir BĂŒrobienen brauchen öfters eine Auszeit vom Arbeitsleben. Im Kaisergebirge gibt es sie.