© Stefan Leitner
Mitten durch – durch das „Herz des Wilden Kaisers“

Über den Eggersteig durch das Ellmauer Tor

von Birgit Hong Erstellt am 30. August 2017

für Outdoor-Begeisterte für Kraxler*innen

Kennen Sie das, wenn Sie irgendwo am Berg oben stehen und Ihnen schon zahlreiche Ideen für die nächsten Touren und Routen in den Kopf kommen, bevor Sie wieder im Tal sind? Der Wilde Kaiser mit seinen rund 40 Gipfeln bietet natürlich unzählige Möglichkeiten. Man kann diesen Gebirgszug jahrelang erwandern und erkunden, und es gibt immer noch neue Wege zum Kennenlernen.

© Birgit Hong

Aber sogar ganz klassisch, am Ellmauer Tor oben, gings mir schon oft so. Wenn man in der vielbesuchten Senke zwischen den steilen Felswänden gemütlich seine Jause genießt, sieht man aus allen Ecken und Winkeln Wanderer und Kletterer hervorkommen. Wo die wohl alle herkommen? Bis jetzt bin ich immer von Ellmau, also von Süden aus, auf die knapp 2000m hinauf gewandert. Oben sieht man ja dann ein bisschen in den schmalen Felskessel Richtung Norden hinab, aber nicht wirklich, wie der Weg da hinunter in das Kaiserbachtal ist. Jetzt weiß ich es - endlich hab ich mit dem berühmten Eggersteig und der imposanten Steinernen Rinne Bekanntschaft gemacht, und kann nur sagen: super, aufregend, steil und absolut zu empfehlen!

Seit einiger Zeit reden wir von der Kaiserdurchschreitung, von Nord nach Süd mitten durch, durch das „Herz des Wilden Kaisers“. Über das Ellmauer Tor sollte es auch für uns Nicht- Kletterer ganz einfach zu schaffen sein, schwindelfrei und trittsicher sind wir ja - und das war auch gut so. Wir wollten den steileren, an der Nordseite gelegenen Teil lieber bergauf gehen, also bei der Griesener Alm starten und dann auf der Südseite zur Wochenbrunner Alm wieder herunterwandern. Nett, dass uns ein Bekannter um halb 7 Uhr früh schon hinter den „Koasa“ bringen konnte. Natürlich hätten wir auch ein Taxi für ca. € 50 nehmen, oder unser Auto drüben stehen lassen und nach der Tour wieder holen, können. Einfacher wars natürlich mit dem Privattaxi über St. Johann, Gasteig und die Mautstraße zur Griesener Alm zu kommen, und so starteten wir dort auf 1.024m um kurz nach 7 Uhr Richtung Stripsenjochhaus.

© Birgit Hong

Wir waren froh, dass der Tag etwas bewölkt war, da uns beim Hinaufgehen auch so warm genug wurde und vor allem der Abstieg über das Schotterkar auf der Südseite dadurch um einiges kühler war. Auf dem anfangs noch relativ breiten Wanderweg kamen wir den steilen Wänden des Kaisers über Stock und Stein schnell näher. Wie wir da ohne zu klettern hinauf kommen sollten, konnten wir uns noch nicht ganz vorstellen. Diese „Steinerne Rinne“ ist wirklich faszinierend anzusehen, links und rechts ragen die massiven Felswände, teilweise fast überhängend, steil hinauf.

Um diese Zeit war noch nicht viel los, ein paar Wanderer und vor allem Kletterer waren aber doch schon unterwegs zu den weithin bekannten Wänden von der Fleischbank und dem Predigtstuhl. Viele begeben sich hier auf die Spuren von berühmten Alpinisten. 1977 wurde an der Fleischbank erstmals Klettergeschichte geschrieben, als bei der Freibegehung der „Pumprisse“ der VII. Grad eingeführt wurde. In den Jahren darauf wurden zahlreiche weitere Sportkletterrouten im Kaisergebirge eröffnet, im Moment erreicht die Route „Des Kaisers neue Kleider“ eine X+ am Fleischbankpfeiler. Für uns wars schon aufregend genug die waghalsigen Alpinprofis in ihren extremen Routen nur zu beobachten.

Auf ca. 1400m, kurz vor dem letzten Anstieg zum Stripsenjochhaus, durften wir dann links vom Weg abbiegen und sahen schon die ersten Drahtseilversicherungen des Eggersteigs. Nun hieß es Helm aufsetzen und schön nah am Felsen bleiben. Da der Steig ab jetzt direkt an der Felswand entlang geht, ist der Schutz vor Steinschlag unumgänglich. Eine Familie war gerade dabei sich Gurt und Klettersteigset anzulegen, was für Kinder und Wanderer die nicht 100% schwindelfrei sind, auf jeden Fall zu empfehlen ist, es geht nämlich ganz schön ausgesetzt weiter. Der Großteil ist aber gut versichert, und mit einer Hand am Stahlseil, gings auch für die anfangs noch etwas nervöseren Wanderer, ganz gut voran. Gut dass wir in weiser Voraussicht Radhandschuhe dabei hatten, da wir so die Hände einfach am Seil entlang gleiten lassen konnten.

Die tollen Aussichten laden immer wieder zum Fotografieren ein. Während man sich auf die Kamera konzentriert, darf man nur nicht vergessen, dass es neben einem ganz schön runter geht. Wir genossen den Blick auf das Kaiserbachtal, den gegenüberliegenden Feldberg und den Stripsenkopf und umrundeten zunächst querend, etwas bergauf und bergab, den Pfleiler des „Totenkirchl“. Schon bald gings dann nur mehr bergauf weiter – jetzt waren wir mitten in der beeindruckenden Steinernen Rinne angekommen. Rechts von uns die Gipfel des Totenkirchl, der Fleischbank und der Hinteren Karlspitze, links der Predigtstuhl und weiter oben die Hintere Goinger Halt.

Die Rinne ist bereits seit 1904 mit einer Steiganlage versehen, die uns nun im steilen Zick- Zack direkt ins Ellmauer Tor hinauf führte. Die ganz wilden, felsigen Absätze wurden mit künstlichen Stufen und Drahtseilen etwas entschärft. So brachten wir in kürzester Zeit ganz schön viele Höhenmeter hinter uns - unsere Oberschenkel spürten wir dafür auch die nächsten Tage noch ;-)
Erst kurz unter dem Ellmauer Tor weitet sich das enge Tal etwas und es geht über Geröll noch ein Stück weiter hinauf. Hier oben hört man dann schon öfter „Achtung Stein“ von herunterkommenden Wanderern. Immer wieder werden Steine losgetreten und bleiben aber meist auch bald wieder liegen. Das letzte Stück zog sich dann noch ein bisschen, da wir voll Vorfreude zu früh glaubten, es schon geschafft zu haben. Aber nach nicht ganz 3 Stunden Gehzeit wars dann wirklich so weit – und über die letzten Felsen hinweg eröffnete sich nun der Blick in den Süden, über die Kitzbüheler Alpen, die dahinterliegenden Gletscher und bis hinunter ins Tal.

© Birgit Hong
Ein Klettersteigset wird am Eggersteig empfohlen

Hier haben wir uns erstmal eine Jause verdient. Mittlerweile waren auch einige Leute oben anzutreffen, viele schützten sich hinter den herumstehenden großen Felsbrocken vor dem Wind und genossen gemütlich eine Pause. Mit offenem Mund beobachteten wir eine Gruppe Kletterer die sich zu einer in den himmelragenden Wand vorarbeitete. Von hier wärs nur noch ca. eine halbe Stunde hinauf auf die Hintere Going Halt, die mit 2.191m einer der am einfachsten zu erreichende Gipfel im Wilden Kaiser ist.

© Birgit Hong

Wir beschlossen aber, es für diesmal gut sein zu lassen, und uns lieber gemütlich auf den Heimweg zu machen. Auch auf der Südseite starteten wir erstmal relativ steil bergab, bevor wir dann die Schotterrinne hinunterrutschen konnten. Wer noch nicht genug hat, kann hier noch rechts abbiegen und über den Jubiläumssteig zur Gruttenhütte, und von dort zur Wochenbrunner Alm absteigen. Der Steig ist als schwieriger Bergweg eingestuft und schlängelt sich sehr ausgesetzt, aber mit absolut traumhaften Aussichten, durch die Felsen. Uns ließ stattdessen der Gedanke an den Kaiserschmarrn auf der Gaudeamushütte relativ schnell werden, und im nu saßen wir auf dort auf der Terrasse und genossen die schwerverdiente Köstlichkeit. Nach der gemütlichen Rast, wanderten wir dann über die Wochenbrunner Alm wieder nach Ellmau zurück. Genüsslich schauten wir von unten noch mal hinauf ins Ellmauer Tor, und freuten uns schon auf die nächsten Touren.

Birgit Hong

Nach 7 Jahren in der Ferne, hat es Birgit jetzt doch wieder an den schönen Wilden Kaiser zurück verschlagen. Hier genießt sie nun die Bergwelt in vollen Zügen, und weiß die Schönheit der Natur in allen 4 Jahreszeiten wieder richtig zu schätzen. Es sind viele Kleinigkeiten, wie die frische Luft, das klare Wasser, die vielen Traditionen und Bräuche, die Hausmannskost,… die man erst vermisst, wenn man länger weg ist – man sich aber dann dafür wieder umso mehr darüber freuen kann.

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1 Kommentar(e)

Sebastian Gentil

08.02.2023 - 07:34 Uhr

Hallo Birgit, ds ist ein sehr schöner Beitrag und macht richtig Lust auf meine geplante Wanderung im Mai. Ich "missbrauche" deinen Beitrag mal eben für eine Frage zu meiner Tour: Die Tour führt von St. Johann nach Kufstein. Übernachtungen sind geplant auf Gaudeamushütte, Stripsenjochhaus und Vorderkaiserfeldenhütte. Grober Verlauf der Tour: Tag1: Niederkaiser (Ursulakreuz, Gscheuerkopf, Wilder-Kaiser-Steig (bis Kaisernieralm), Granderalm, Gaudeamushütte Tag2: Hintere Karlspitze, Ellmauer Tor, Hintere Goinger Halt, Eggersteig, Stripsenjochhaus Tag3: Feldalmsattel, Großmoosen Hochalm,Pyramidenspitze, Elferkogel, Zwölferkogel, Einserkogel,Vorderkaiserfeldenhütte Können Sie mir sagen ob die Tour Mitte Mai möglich ist. Wie ist da normal die Wetterlage Mitte Mai? Liegt noch sehr viel Schnee? Vielen Dank und einen schönen Tag

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